Und als Mensch inkarniert man sowieso, um Erfahrungen zu machen und wieder zu lernen. Aber welche? Fehler zu vermeiden? Wie man sich selbst liebt? Mit Gefühlen umzugehen? Ein friedlicher Mensch zu werden?
Wenn man zu Grunde legt, wie viele Leben jeder schon hatte oder in parallelen Realitäten gleichzeitig erfährt, stellt sich doch die Frage: Was muss ich denn noch kapieren? Reicht es nicht schon aus, in 375 verschiedenen Inkarnationen gefühlt, gelacht, gelitten, geliebt und eins auf die Nüsse gekriegt zu haben? Wann habe ich denn endlich das Klassenziel erreicht und habe ausgelernt, um in den Kreis der aufgestiegenen Seelen aufgenommen zu werden und meinen Liegestuhl in der allumfassenden Glückseligkeit aufzuklappen?
Solange hier auf der Erde DIESES Verständnis von Lernen herrscht, wird es noch ein paar Äonen dauern. Dann drehst du noch ein paar Runden. Sind wir ehrlich, es gibt unendlich viele Möglichkeiten, Leid und Liebe zu erfahren, unendliche Variationen, sich auf dem Lebensweg abzuschuften, Karma auf- und wieder abzubauen, aufzusteigen und was weiß ich nicht noch alles.
Wo liegt der Denkfehler?
Das Lernverständnis dieser Art beruht darauf zu glauben, etwas noch nicht zu können. Dann lerne ich, komme weiter, weiß wieder nichts, lerne noch einmal, komme wieder ein Stückchen weiter und fange erneut von vorne an.
So hört das nie auf. Garantiert.
Und hält jeden Einzelnen gefangen im Glauben, irgendwo unten auf den Stufen der Ahnungslosigkeit zu verweilen.
Klingt irgendwie anstrengend. Ist es auch.
Das Verständnis von Lernen ist in sich schlichtweg falsch. Es reitet auf einem linearen Ablauf herum von nichts wissen über lernen bis hin zum großen Aha.
Heißt das, wir hätten es nicht nötig zu lernen, weil wir alles schon wissen? Naja, manche glauben das tatsächlich. Wir kennen diese Typen und sie zählen nicht zu den beliebtesten im Freundeskreis, weil sie bei jedem inspirierenden Gespräch den Korinthenkacker heraushängen und dich korrigieren oder dir gleich mal sagen, dass sie das ja alles schon wissen. Bei näherem Hinhören stellt sich allerdings heraus, dass sie nur eine festgemauerte Sichtweise vertreten und alles andere als irrelevant herausfiltern.
Der kürzeste Weg in die geistige Sackgasse führt über die Aussage „kenne ich schon“.
Also, wie ist das jetzt mit dem Lernen?
Da nehmen wir jetzt zuerst einmal einen großen Radiergummi und entfernen das Bild von den Stufen oder der Linie, auf der wir uns glauben fortzubewegen. Und jetzt malen wir einen Punkt in die Mitte. Das bist du. Mit ein wenig Abstand malen wir nun einen Kreis darum herum. Das ist dein Horizont. Deine Fähigkeiten, die zur Verfügung stehenden Informationen, dein mentales und emotionales Verhalten.
Um noch einmal auf das Beispiel des Kindes, das laufen und sprechen lernt, zurückzukommen: Ist es etwas total fremdes? Müssen wir Kindern erklären, wie sie es auf die Reihe kriegen? Nein. Irgendwie scheint es von allein zu funktionieren und plötzlich klappt es mit den ersten Schritten. Die Anlage zum laufen ist nämlich bereits vorhanden, und sobald die entsprechenden Nerven miteinander verknüpft sind (nagelt mich jetzt nur nicht auf eine wasserdichte neurobiologische Erklärung fest, wir halten es einfach mal simpel), läuft das Wutzelchen drauf los.
Das ist im Prinzip die auf den kleinsten Nenner reduzierte Erklärung:
Sobald die Bedingungen einen bestimmten Reifegrad erreicht haben, verknüpfen sich die nötigen Daten von allein miteinander und los geht‘s.
Erster Kreis erreicht. Weitere Fähigkeiten und Erfahrungen koppeln weitere Daten zusammen, führen zu Reaktionen, die plötzlich wie aus dem Nichts auftauchen – nächster Kreis erreicht. Und so weiter.
Zu dem Punkt in der Mitte können wir unendlich viele Kreise außen herum zeichnen, die einen erweiterten Horizont darstellen, der nichts mit den Linien oder den Stufen gemein hat. Wenn ein Stein ins Wasser fällt, haben wir das gleiche Bild. Die Fähigkeit, den äußersten Kreis auf der Oberfläche entstehen zu lassen, ist bereits in der Aktion „Stein fällt ins Wasser“ gegeben. Wir als Seele fallen sozusagen auf die Oberfläche der jeweiligen Inkarnationskoordinaten und haben bereits die Anlage für alle Kreise in uns, die sich durch unsere Präsenz zeigen werden.
Derjenige, der behauptet, schon alles zu wissen, hat zwar irr-gend-wo recht (weil alle Anlagen wie gesagt da sind), nur zieht er den äußeren Kreis vor den kleineren vorher. Und das ist nicht der naturgegebene Ablauf, siehe Stein, der in‘s Wasser fällt.
Also doch Lernen von hier nach da?
Solange wir glauben, uns etwas mühselig erarbeiten zu müssen, was wir noch nicht haben, sehen wir nicht, dass die Anlagen bereits dazu da sind. Dann limitieren wir uns und steigen voll darauf ein, immer und immer wieder neue Erfahrungen machen zu müssen, noch 93 mal zu inkarnieren, nur um sicher zu gehen, dass wir den gleichen Fehler jetzt auf 682 verschiedene Varianten ausgetestet haben und vielleicht endlich kapieren, dass Selbstliebe eine gute Idee ist, sich Energievampire vom Leib zu halten.
Es geht einfach darum zu verstehen, dass die Seele alle Fähigkeiten hat, sich innerhalb der Verkehrsregeln der göttlichen Ordnung zu bewegen. Sobald die gemachten Erfahrungen einen gewissen Reifegrad erreicht haben, wird automatisch auf vorhandene Daten zurückgegriffen, neue Verbindungen geschaltet und wupps bist du wieder ein Stück näher an dir.
Lernen ist also ein Erweiterungsprozess, bei dem schon vorhandene Punkte miteinander in Verbindung gesetzt werden. Und das bewegt sich nicht von hier nach da, sondern gleichzeitig in alle Richtungen, nämlich – und jetzt kommt mein Lieblingswort – multidimensional. Kabumm.
Es geht schlicht und einfach darum, sich der Kreise um sich herum BEWUSST zu werden. Von daher: nicht lernen, sondern sich bewusst werden.
Zu physikalisch? Dann hier ein alltägliches Beispiel, um das Ganze ein wenig aufzuweichen.
Jahrelang hast du immer wieder die gleiche Erfahrung gemacht, dass dich dir nahestehende Menschen über den Tisch gezogen haben. Am Ende musstest du sehen, dass man mit deinem Vertrauen gespielt und dich belogen hat. Plötzlich dämmert es dir und du beschließt, in Zukunft genauer hinzusehen und zu unterscheiden, was jemand sagt und was er in Wirklichkeit tut. Und wo du in diesem Spiel stehst.
Nirgendwo steht geschrieben, dass diese Erfahrungen 20 oder 50 oder 100 mal durchlebt werden müssen. Aber nun hast du einen gewissen Reifegrad erreicht und entscheidest anders. Du hast dein Bewusstsein erweitert. Ab diesem Moment stehen dir die Informationen zur Verfügung, unterscheiden zu lernen. Du hättest auch schon vor Jahren die Handbremse ziehen können. Nur haben dich der Glaube, machtlos zu sein oder immer mehr Vertrauen hineingeben zu müssen, davon abgehalten, auf deine eigenen Möglichkeiten zurückzugreifen. Nun ändert sich dein Verhalten, und in der Folge auch die Reaktionen. Auf Grund der neuen Bewusstheit eröffnen sich weiterhin neue Gelegenheiten. Du bist nicht mehr von Menschen umgeben, die sich hinter deinem Rücken eigene Vorteile verschaffen oder die sich aus deiner Gutgläubigkeit einen Spaß machen.
Allgemein heißt es dann immer „ich habe daraus gelernt“. Nein, du hast dein Sichtfeld erweitert und das integriert, was vorher genauso schon da war.
Und sobald dieses Prinzip verstanden ist, kannst du auf alle verfügbaren Informationen zugreifen, die zu jeder Zeit schon vorhanden waren und sind. Es ist nicht nötig, noch einen Sack voll negativer Erfahrungen zu machen, um den nächsten Aha-Moment zu haben. Dann ist es möglich, neben der zu großen Vertrauensseligkeit deine anderen Glaubenssysteme zu durchkämmen und sie ebenfalls mit den bereits vorhandenen Anlagen, Möglichkeiten und Daten zu verbinden.
So erweiterst du deine göttliche Präsenz, die schon immer da war.
Nilex A’Rhan