Nilex A’Rhan: „Bitten ans Universum und die Suche nach dem richtigen Formular“, vom 28.05.2018

Wenn es darum geht, um etwas zu bitten, steht das menschliche Gehirn vor einer riesigen Übersichtstafel an verschiedenen Wegen, die zum Ziel führen. Auf welche Art kommt es nun am schnellsten, unauffälligsten, bequemsten oder erfolgversprechendsten zu seinem Wunschort? Nachdem es seinen Standort ausfindig gemacht hat, rotiert es um die Frage nach dem großen WIE. Am einfachsten wäre die Hauptstraße, wie sie die meisten nehmen, könnte aber Stau geben. Oder doch die Pirsch über den Feldweg, der eine große Abkürzung ist, aber möglicherweise den Gartenbesitzer aufschreckt, der dort seiner Ruhe fröhnt? Fragen über Fragen …

Wen muss ich im großen Universumskonzern ansprechen, wenn ich mehr Geld, Gesundheit oder Freiheit in meinem Leben haben möchte? Den Sachbearbeiter (meine Geistführer – sind eh für mich zuständig und hängen immer bei mir ab), die Abteilungsleiter (Engel – können sicher mehr, aber sind wahrscheinlich mit wichtigen Sachen beschäftigt), die Geschäftsetage (aufgestiegene Meister – bin ich überhaupt befugt, sie in ihren heiligen Räumen aufzuscheuchen?) oder gleich den Big Boss (puh, gleich zum Chef, das ist doch echt gewagt)?

Und wie formuliere ich das bloß? Nur nicht unverschämt auftreten, die Worte „bitte“ und „liebe/r/s“ müssen unbedingt rein, weil hallo, ich will schließlich was! Das muss sicher erstmal durch alle Abteilungen gehen und auf meine Wertigkeit hin geprüft werden, ob es gerechtfertigt ist, mit meinem Leben unzufrieden zu sein und um eine Beförderung zu bitten. Vielleicht warte ich auch lieber ab, was die nächsten Verhandlungen (Frequenzanhebungen oder gar das – Trommelwirbel – EVENT) von allein für Neuerungen herausbringen. Vielleicht bin ich automatisch dabei, das wäre am besten.

Bullshit.

Die Kräfte, die den ganzen Laden am Laufen halten, sind keine Versammlung neurotischer Wesenheiten, die sich persönlich angegriffen fühlen, wenn du mit ihnen redest. Glaubt mir, „sie“ sind völlig relaxt und durchschauen deine Absichten sowieso so schnell wie der einigermaßen wache Leser die neueste Bild-Schlagzeile. Du kannst also noch so ausführlich und lieb und vorsichtig um eine Verbesserung deiner finanziellen Mittel bitten, die „Quelle“ denkt sofort: „Laber nicht rum, ich seh dir eh an, wo dein Problem liegt! WAS willst du?“

Da ist sie, die Mutter, deren Sohnemann mit selbstgepflückten Blumen wie ein Engelchen vor ihr steht und sie sofort die Augenbraue hochzieht und sagt „du hast was ausgefressen!“.

Um zu verstehen, welche Kräfte da wirken, muss das ganze Bild der himmlischen Heerscharen und Wolkenschweber gründlich überarbeitet werden.

Die ganze Wirkungsweise beruht darauf, dass auf verschiedenen Frequenzen gesendet und manifestiert wird. Du stehst am Radio und stellst deinen Sender auf das gewünschte Programm. Du kannst die entsprechende Frequenz per Knopf schrittweise suchen, was in der Zwischenzeit Knistern und falsche Sender hervorbringt. Das ist das umständliche Bitten und Formulieren und Ausprobieren, was dir jetzt passend erscheint. Oder du hast schon die gewünschten Programme eingespeichert und drückst einfach nur zack auf den Senderknopf 1, 2 oder 3. Sofort klare Sendung. Geld, Gesundheit, Liebe.

Natürlich ist das kein Aufruf zur Unfreundlichkeit (Hey, ich will mehr Geld!), aber macht es doch nicht so kompliziert und verwässert die eigentliche Absicht mit der Suche nach dem richtigen Winkel, in dem der Rücken vor der großen Heiligkeit gebeugt werden muss! Um ein klares Ergebnis zu erhalten, braucht es klare Entscheidungen. Wenn du beim Bäcker bist, ist es äußerst hilfreich, genau zu sagen, was du möchtest. „4 Joggingbrötchen und 2 Buttercroissants!“ Und ich garantiere dir, dass die Olivenstange nicht beleidigt ist, weil du sie übergehst.

Der Fluss der Energien, die in dein Leben kommen, ist ein einfacher Austausch von Angebot und Nachfrage

Bestellst du regelmäßig deine 2 Buttercroissants, werden sie auch da sein. Werden mehr Buttercroissants bestellt, sorgt der Bäcker dafür, dass sie auch vorrätig sind. Aber der Mensch eiert herum, will einen Tag dieses, den nächsten das, ist sich zwischendurch unsicher, was ihm schmeckt, traut sich nicht zu fragen und der Bäcker verdreht nur noch die Augen und schiebt genervt eine Probiertüte über den Tresen, in dem garantiert eine Sesamstange drin ist, die du auf den Tod nicht ausstehen kannst. Und es interessiert ihn auch nicht, welche Ausreden und Erklärungen du hast. „Ja, eigentlich mag ich diese hellen Labberbrötchen ja nicht, aber wenn Tante Trude ihren regelmäßigen Mittwochsbesuch antritt, will sie genau die.“ Er wird nicht mit dir darüber diskutieren, dass ihr beide der Meinung seid, helles Mehl sei nicht gut für die Verdauung und wie Tante Trude davon überzeugt werden könnte.

Wer sich mit Gedanken an Mangel und Verderbnis beschäftigt, weil er glaubt, damit die schlafende Masse aufzuwecken, steht sprichwörtlich am Tresen und sagt „Eine Tüte Mangel und Verderbnis bitte!“. Gerne doch, macht 8,40 €.

Draußen beklagst du dich darüber, wieder keine knusprigen Brötchen bekommen zu haben und der Bäcker schaut dir versonnen geduldig nach, schüttelt den Kopf und schreibt auf das Aushangschild:

Bestelle weise, wir liefern exakt, was du willst

Nilex A’Rhan

 

 

Originalseite … Nilex A’Rhan

Fotoquelle Nilex A’Rhan