~ … HEIMWEG ~
Sie begegnet diesem einen Mann und würde augenblicklich ihre Seele verkaufen, nur, damit er sich an ihre Seite gesellt.
Vielleicht war sie immer schon so… vielleicht aber auch nicht.
Möglich, dass sie glaubte, stets unabhängig zu sein und mit beiden Beinen auf dem Boden zu stehen und nun?
Tja, nun wurde ihr der besagte Boden unter den Füßen weggerissen, auf dem sie doch angeblich so fest stand.
Nichtsahnend, was in dem Moment geschah, wurde ein gewaltiger Prozess in ihr angestoßen, der sich nicht mehr aufhalten ließ – und das ist auch gut so.
Niedlich ist es zu lesen, dass es hier doch nur um die eigene Heilung ginge…
Du liebes, wildes, zartes und unglaublich starkes Wesen, es geht nicht nur um deine Heilung, nicht nur um eure… es geht darum die Narben aufzureißen, die von Generation zu Generation weitergetragen wurden. Es geht darum die Wunden zu heilen, die immer und immer wieder zugefügt wurden und somit nie aufhörten zu bluten.
So springe ich hin und her in meiner Anrede… mal ist es „sie“, mal bist es „du“, mal ist es „er“, mal sind es „wir“ und mal bin es „ich“ …denn wir tragen alle diese schmerzhaften Erinnerungen in uns.
Dieser Prozess ist eine Möglichkeit deinen Heimweg anzutreten. Dein weiblicher, dein männlicher, ihr, sein, dein, meinen, unseren…. Heimweg.
So wurde sie von der Wucht der Begegnung niedergedrückt und kniend befand sie sich vor ihm. Die Hände gefaltet, weinend, schreiend, flehend …. Och möge er sich doch ihrer einfach bitte annehmen und diesen tiefen Schmerz in ihr betäuben und diese Schreie der Sehnsucht zum Schweigen bringen. Doch dann wäre er nicht anders, nicht echter, als jeder andere Mann, all die Generationen zuvor. Denn genau das, wonach alles in ihr bettelt, ist eine Möglichkeit des Mannes, die Frau in ihrer Rolle zu behalten, in der sie sich seit Jahrtausenden befindet.
Sie hat verstanden, dass sie etwas tun MUSS, damit ER in ihr Leben zurückkommt. Sie darf nicht einfach da sitzen und auf ihren edlen Erretter warten, weil sie letztendlich genau weiß, dass er seinen Weg zu ihr zurückfinden wird. Wenn sie ganz ehrlich ist, weiß sie es, es ist ein tiefes Wissen in ihr, was sich nie gänzlich erschüttern lässt. Egal wie stark die Zweifel sie in einem Panikraum hin und her würfeln, sie kann ihn nicht loslassen, genauso wenig wie das tiefe Wissen.
Also begibt sie sich in ein Hamsterrad und tut alles dafür, nur damit er sich ihr widmet und doch noch ihre bettelnden Schreie erhört.
So ist das ursprüngliche, starke, liebe, sanfte und wilde Wesen zu einem gefallenen Engel der Abhängigkeit mutiert.
Blicken von anderen Männern wird sofort ausgewichen, Kennenlernversuche im Keim erstickt. Denn ihr Herz ist ja nicht mehr frei – sie will doch nur ihn.
Haben ihre körperlichen Bedürfnisse sie dennoch ausnahmsweise Mal dazu überredet befriedigt zu werden, mit – oh Schreck – einem anderen Mann, kann sie sich nicht mehr im Spiegel betrachten, ihre Gedanken kreisen um IHN und sie greift zur Geißel und quält sich selbst.
Es ist unglaublich wozu sie in der Lage ist, nur um endlich Bewegung in DIE Verbindung zu bringen. Welch Kompromissbereitschaft sie offenbart und in welch ausweglosen Situationen sie verharrt.
Ja, all ihr jungen Seelen, die ihr „Prozess-Leidende“ belächelt, den Kopf über sie schüttelt und sie für verrückt erklärt – JA, sie sind ABHÄNGIG. Doch wisst ihr was?
Ihr auch.
Nur habt ihr davon noch keine Ahnung. Diese verrückten, abhängigen, hoffnungslosen Verliebten, gehen diesen Leidensweg, um ihn euch später zu erleichtern. Denn es wird alles weitergereicht.
ER zeigt ihr die Fesseln, die sie um ihre Handgelenke trägt, die Knoten in ihrer Weiblichkeit und Sexualität. Sie MUSS kopfüber in die Abhängigkeit stürzen, um zu erkennen, dass sie in Ketten liegt, wie all die Frauen vor ihr, die nur lebten, um andere glücklich zu machen, um anderen zu gefallen, um Bedürfnisse anderer zu erfüllen.
Denn erst DANN, kann sie nach und nach die Bänder, Seile und Handschellen abstreifen.
Selbst wenn sie schon weit auf diesem Weg fortgeschritten ist, wird immer wieder eine unbewusste Abhängigkeit sichtbar, die sie von ihrem Seelenweg, von ihrem wahren Selbst, ihrer wahren Weiblichkeit abhält.
So frage ich dich, wie hätte sie es denn erkennen sollen, wenn sie nicht geradewegs in eine Abhängigkeit zu ihm hineinspaziert wäre?
Nie hätte sie die Augen öffnen können, für all die Ungerechtigkeit, die Unterdrückung, Erniedrigung und Kontrolle von Menschen, die ihr liebevoll ins Gesicht lächeln und es ja nur gut mit ihr meinen. Nie hätte sie erkannt, dass sie gar nicht ihr eigenes Leben lebt, sondern nur das der anderen.
All die Werte in ihr, Eigenschaften, Stärken, Schwächen, die sie einst ausmachten, werden nun hinterfragt, ob sie wirklich ihr entsprechen, oder einfach nur aufgezwungen wurden.
Einzig und allein durch die aufblühende Abhängigkeit, hat sie die Gelegenheit zu sehen, wie weit sie von sich selbst entfernt ist. Sie ist ein inspirierendes, feuriges, kraftvolles und heilendes Wesen gefangen in einer Fremden.
Doch JETZT, hat sie die Chance, all den Frauen zuvor, rückwirkend eine Heilung zu bieten, sie selbst zu werden, sie selbst zu sein und zu erfahren was es heißt… zu leben.
So gibt es IMMER einen Funken Licht, in der Dunkelheit…
In seelischer Liebe
Coryna
© Gedankentattoo […weiblicher Heimweg]