Filteranlage in Paris: „Mit Algen gegen Luftverschmutzung“

In Paris kĂ€mpft die OberbĂŒrgermeisterin energisch gegen Feinstaub und Schadstoffe in der Luft. Nun geht ein Prototyp einer Filteranlage in Betrieb, der die LuftqualitĂ€t verbessern soll: Mikroalgen filtern dabei Kohlenstoffdioxid aus der Luft, dabei entsteht Biogas, mit dem man heizen kann.

Von Suzanne Krause

Kohlendioxid (CO2) strömt in einer Versuchsanlage der Vattenfall Tochter GMB GmbH am Donnerstag (22.07.2010) durch einen Reaktor mit Mikroalgen GewĂ€chshaus am Heizkraftwerk im sĂŒdbrandenburgischen Senftenberg (Oberspreewald-Lausitz).  (dpa)
Mikroalgen können genutzt werden, um CO2 zu speichern. In Paris wird jetzt ein Prototyp einer „Algen-LitfaßsĂ€ule“ getestet. (dpa)
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„80 Prozent der Treibhausgase sind auf menschliche AktivitĂ€ten zurĂŒckzufĂŒhren“, heißt es in einem Internetspot von SUEZ, dem weltweit zweitgrĂ¶ĂŸten Wasserkonzern. Und bis 2050 werde die Bevölkerung der StĂ€dte um 50 Prozent zulegen. Deshalb sollte die Stadt der Zukunft mit Vorrichtungen zum Auffangen von Kohlenstoffdioxid aufgerĂŒstet werden.

Im Spot wirbt SUEZ fĂŒr seine innovative Technologie. Die lĂ€sst sich in einer klassischen Pariser LitfaßsĂ€ule verpacken: vier Meter hoch, zweieinhalb Meter Umfang, ein Kubikmeter Innenraum, im typischen DunkelgrĂŒn gestrichen.

„Auffangleistung von 112 BĂ€umen“

„Die SĂ€ule ist mit Wasser gefĂŒllt und mit dem stĂ€dtischen Abwassersystem verbunden. In der SĂ€ule schwimmen Mikroalgen. Sie reproduzieren AblĂ€ufe, die im Wald und im Ozean stattfinden: mittels Fotosynthese fangen sie Kohlenstoffdioxid ein“, erklĂ€rt Helene Valade, Direktorin der Abteilung Nachhaltige Entwicklung bei SUEZ, und geht ins Detail. „Die Außenluft wird angesaugt und zirkuliert im Inneren der SĂ€ulen, an den Algen vorbei.“

Ihre Kollegin Marie Cecile de Chezelles ergĂ€nzt: „Unser Prototyp soll ermöglichen, pro Jahr mindestens eine Tonne CO2 zu fixieren. Das entspricht der Auffangleistung von 112 BĂ€umen.“

Das Algenfutter Kohlendioxid kurbelt das Wachstum der Einzeller an. RegelmĂ€ĂŸig soll der AlgenĂŒberschuss in die Kanalisation abgeleitet werden, erklĂ€rt Helene Valade von SUEZ.

Kohlendioxid kann in erneuerbare Energie umgewandelt werden

„Beim Durchlaufen der KlĂ€ranlagen wird die mit CO2 angereicherte Algenmasse in KlĂ€rschlamm verwandelt, der Biogas produziert. Aus dem Biogas wird Biomethan gewonnen, das sich in die stĂ€dtischen Gasleitungen einspeisen lĂ€sst. um die Wohnungen im Umfeld mit erneuerbarer Energie zu beheizen.“

In einer KlÀranlage nordwestlich von Paris testet SUEZ das Verfahren schon seit Jahresbeginn. Da wird der Dampf direkt aus der KlÀrschlamm-Verbrennung gefiltert, und das klappe sehr gut, sagt Bertrand Camus, Direktor von SUEZ Eau France.

„Derzeit versuchen wir zu bestimmen, wie viel Methan sich aus der Algenmasse gewinnen lĂ€sst. Mit der Anlage in der LitfaßsĂ€ule, die jetzt an einem Pariser Platz den Betrieb aufnimmt, wollen wir herausfinden, ob die Technologie auch bei einer eher diffusen CO2-Zufuhr, die zudem je nach Verkehrsaufkommen schwankt, funktioniert.“

Wird ingesamt wirklich weniger CO2 produziert?

Das genau sei ein Knackpunkt, weiß auch Olivier Bernard vom staatlichen Forschungsinstitut fĂŒr Informatik und automatische Systeme. Seinen Berechnungen zufolge ließe sich ein massives Wachstum der Algen nur mittels konzentrierter CO2-Zufuhr erzielen. Höherer Dosen als selbst an Verkehrknotenpunkten in der Luft hingen. Einig ist sich der Forscher mit den Projektbetreibern dahingehend, dass Mikroalgen ĂŒber ein enormes Potenzial verfĂŒgen, CO2 zu binden und damit zu neutralisieren. Bis eine solche Luftreinigungsanlage allerdings leistungsstark sei, mĂŒsse das Verfahren dringend weiterentwickelt werden, meint Forscher Olivier Bertrand:

„Um die Algen zum Wachsen zu bringen, braucht man Energie. Und bei deren Erzeugung entsteht CO2. Die aktuelle Herausforderung besteht also darin, beim Anlagenbetrieb weniger Kohlenstoffdioxid zu produzieren, als von der Vorrichtung aufgefangen wird.“

Die „grĂŒne und die Luft sĂ€ubernde“ LitfaßsĂ€ule findet in der französischen Presse ein sehr positives Echo. Sie sorgt fĂŒr hohe Erwartungen. Ein Jahr Probelauf wird der Prototyp nun absolvieren. Sollten die Ergebnisse zufriedenstellend ausfallen, hofft man bei SUEZ schon auf ein boomendes GeschĂ€ft. Laut Direktor Bertrand Camus könnten solche Luftreiniger demnĂ€chst vor allem Abluftanlagen von Straßentunneln oder unterirdischen ParkplĂ€tzen bestĂŒcke, also an Orten mit hoher CO2-Konzentration.

 

https://www.deutschlandfunk.de/filteranlage-in-paris-mit-algen-gegen-luftverschmutzung.697.de.html?dram:article_id=393278

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