Ich liebe diese Stille. Nicht nur die in mir, sondern tatsächlich den extrem verlangstem Puls des Lebens. Die Welt wurde runtergefahren. Das Treiben, das stete Tun hört plötzlich auf. Die Menschen können ausatmen.
Ja, da ist ganz viel Unsicherheit, Unwissen. Keiner weiß, was noch kommt und wie sich die Dinge weiterentwickeln. Und gleichzeitig nehme ich wahr, wie vielen es einfach nur gut tut, mal ausatmen zu können.
Es gibt Menschen, die erleben gerade ihre persönliche Hölle und werden gefühlt mit allem auf einmal konfrontiert, was ihre größten Ängste und Sorgen angeht, die schlimmsten Befürchtungen sind plötzlich wieder da und präsent. Dafür habe ich vollstes Verständnis und Mitgefühl.
Gleichzeitig gibt es Menschen, die in keiner Weise ins Drama einsteigen. Sie sehen all das, nehmen es wahr und sehen darin schlicht das Leben an sich. Ein stetes Stirb und Werde. Sie werten nicht. Sie teilen nicht ein in gut und schlecht. Sie sagen nicht, dass es so aber nicht sein sollte. Sie sind in völligem Einverständnis mit dem, was da gerade passiert und wissen in all der Unwissenheit, dass es gut ist. Sie wissen im Unwissen, weil da die eine innere Verbindung zum Kosmos ist.
Diese Menschen, die diesen neutralen Raum halten, in dem ALLES sein darf, sind für meine Begriffe gerade extrem wichtig. Es ist der Raum, in dem das Leben passieren kann, in dem dieser Wandel passieren kann. Es sieht vor meinem geistigen Auge wie ein Lichtnetz aus, das sich über die Welt spannt. Diese Menschen sind gut verteilt, stehen da einfach und sind. Es gibt nicht mehr zu tun, als zu sein in diesem weiten, wertfreien Raum.
Wir befinden uns in dem Nichts zwischen Ausatmen und Einatmen. Nullpunkt. Das einzige was sicher ist, ist, dass der nächste Atmenzug sich von ganz alleine tut. Wir können das Atmen nicht machen. Das Atmen passiert. Diese Welt atmet auch, in ihrem ganz eigenen Rhythmus. Die Welt wird den nächsten Atemzug tun. Wie er aussieht? Keine Ahnung. Wie die Welt dann aussieht? Keine Ahnung. Wie eine neue Weltordnung aussieht? Keine Ahnung.
Wir alle können das nicht denken. Wir alle haben so etwas noch nie erlebt. Deswegen bleibt gar nichts anderes übrig, als diese unfassbar große, weise Intelligenz wirken zu lassen, die da am Werk ist. Wir können aufhören, zu werten und uns zu sagen, dass es anders sein sollte. Es ist genau so gut wie es ist. Hier wirkt eine wunderbare große Weisheit und die weiß, was sie tut.
Für mich geht nur noch totale Hingabe, mich komplett in das hingeben, hineinbegeben, was hier gerade stattfinden will. Absolute, vollumfassende Aufgabe, sein lassen, geschehen lassen. ES durch mich, in mir geschehen lassen. Mehr gibt es nicht zu tun. Vollumfängliche Annahme dessen, was da ist. Auflösen im Nichts und gleichzeitig ALLES sein. Auflösen in ALLEM und nichts sein. Das ALLES in mir auflösen und mich im All-Sein erfahren.
Anja Reiche
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