Ist es zu spÀt? Karla Engeman & Pepper Keen Lewis

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Liebe Wegbegleiterinnen, liebe Wegbegleiter,
hier eine ganz kurze Nachricht. Nach zwanzig Jahren bin ich einer lieben alten Wegbegleiterin wieder begegnet, und es ist so schön festzustellen, dass wir in und an unseren frĂŒheren Ausrichtungen im selben Geist weitergearbeitet haben. Ich habe fĂŒr euch einen ihrer letzten Posts ĂŒbersetzt, weil ich finde, dass sie einfach sehr klar und auf ihre Art positiv pragmatisch unsere derzeitige Befindlichkeit in der sich auflösenden Welt um uns herum – und hoffentlich nicht auch in uns!!! – auf den Punkt bringt. Es ist wirklich nichts Neues, dass wir ganz allein, jede/r Einzelne, verantwortlich sind fĂŒr die bestehende Situation UND fĂŒr unsere Zukunft – doch:

»WIE wir dorthin gelangen, bestimmt, WO wir ankommen.«
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Pepper Keen Lewis
Ist es zu spÀt?

(Frage:) Ich habe eine einzige Frage: Ist es zu spÀt?

(Antwort:) Ich vermute, wir sprechen beide ĂŒber dasselbe. Ich verstehe, was hinter deiner Frage steht. Du bist nicht die/der Erste, sich darĂŒber Gedanken zu machen, laut oder im Geheimen. Fast alle, die ich kenne, haben sich Gedanken ĂŒber die vor einigen Jahren noch undenkbaren Möglich­keiten gemacht. Etwas ist an dieser Frage, das uns dazu bringt, sie zu flĂŒstern, als ob ein Anheben der LautstĂ€rke auch den Alarm erhöhen wĂŒrde.

Ich will ehrlich zu dir sein. Irgendwann im letzten Jahr dachte ich tatsĂ€chlich, wir seien zu weit vom Kurs abgekommen. Ich dachte, dass wir vielleicht nicht mehr Fuß fassen könnten. Ich konnte keinen Weg durch die Dichte der Unbewusstheit sehen. Es fĂŒhlte sich an, als wĂŒrden wir stolpern und in einen verstörten Schlaf fallen, ohne Phantasie, die unsere TrĂ€ume befeuert. Vielleicht hast du das auch gespĂŒrt? Zum GlĂŒck war es nur ein vorĂŒbergehendes GefĂŒhl. Nicht ganz verkehrt, aber unvollstĂ€ndig.

Ich schaue mir gern mögliche ZukĂŒnfte an, auch wenn mir nicht immer gefĂ€llt, was ich sehe. Jeder weiß, dass es keine exakt vorhersehbare Zukunft gibt. Die Zukunft ist vorhersehbar; es wird eine Zukunft geben. Sie ist voller Versprechen, aber leer an Substanz. VisionĂ€re wie ich sĂ€en potenzielle ZukĂŒnfte mit prima materia, also reinem Potenzial. Dann beschleunigen wir die Mechanismen der Raumzeit und beobachten, was geschieht. Die Szenerie verĂ€ndert sich stĂ€ndig, und ich sehe nie genau dasselbe zweimal. Meine Fragen sind immer ergebnisoffen. KĂŒrzlich fragte ich: „Die Erde ist ein Garten, wenn auch ein anderer, als sie einmal war. – Was kann in diesem Garten wachsen, wer kann gedeihen?“ Die Bilder sind zwar nicht immer ĂŒbereinstimmend, aber in der Regel entfaltet sich eine Geschichte. Und Geschichten wollen erzĂ€hlt werden. Unsere gegenwĂ€rtige Geschichte sieht ein wenig so aus:

»Es ist zu spĂ€t – und doch NICHT zu spĂ€t.«

Es ist zu spĂ€t, zu glauben, dass alles in Ordnung sei und es keinen Grund zur Sorge gebe. Es ist auch zu spĂ€t, zu glauben, dass die Dinge, die nicht in Ordnung sind, leicht korrigiert und wiederhergestellt werden könnten. Diese Generation, unsere Generation – Freunde, Familie, Nachbarn aus allen Ecken der Welt haben Grund zur Sorge – ebenso die nĂ€chste Generation, und die nĂ€chste und die ĂŒbernĂ€chste. Es ist zu spĂ€t, mit dem Finger zu zeigen, und selbst der Blick in den Spiegel ist eine Ablenkung und eine Verzögerung. Doch um deine Frage zu beantworten: Es ist NICHT zu spĂ€t.

»Unsere Zukunft liegt in unserer FÀhigkeit, uns eine Zukunft vorzustellen.«

Unsere Zukunft liegt in unserer FĂ€higkeit, uns eine Zukunft vorzustellen. Die Menschen sind Pioniere der Vorstellungskraft – Imaginatoren. Das ist die eigentliche Aufgabe, die vor uns liegt – zu trĂ€umen, uns etwas vorzustellen und es zu erschaffen. Der Wille, die Weisheit, und dann der Weg. Ich bin keine Sozial- oder Politikwissenschaftlerin, doch es ist nicht schwer zu erkennen, dass viele der weltweit bestehenden Systeme ausgedient haben. Dazu gibt es noch mehr zu sagen, aber wo wĂŒrden wir eine Grenze setzen?

»Wir mĂŒssen NEUE Fragen beantworten.«

Um aus diesem Dilemma herauszukommen, mĂŒssen wir einige neue Fragen beantworten. Zum Beispiel: Wenn wir nicht mehr so weitermachen können wie bisher, wie können wir dann weitermachen? Bisher haben wir nur alte Fragen auf die alte Weise gestellt, von alten Fragestellern, die alte Antworten wollen, damit sie zu ihren alten Wegen zurĂŒckkehren können. Das wird nur fĂŒr wenige Leute fĂŒr eine kurze Zeit funktionieren. Die alten Wege werden unsere Planetenmutter nicht umbringen. Sie hat ein reiches Erbe, eine abwechslungsreiche Vergangenheit, und sie ist sehr geduldig. Die Zeit ist auf ihrer Seite, nicht auf unserer, was bedeutet, dass wir wirklich bald anfangen sollten, unsere Vorstellungskraft einzusetzen.

»Wir haben nicht viel ZEIT.«

Am wichtigsten ist, dass deine Frage die Zeit betrifft – ist es zu spĂ€t? Wenn es nicht zu spĂ€t ist, wie viel Zeit haben wir dann noch? Nicht viel, aber was bedeutet das? Es bedeutet, dass unser Leben kĂŒrzer und weniger erfĂŒllend sein wird, bis wir uns daran erinnern, wer und was wir sind. Es bedeutet, dass unser Körper weniger gesund und wohl sein wird, solange wir das Wohl des Planeten und seiner Ressourcen ignorieren. Es bedeutet weniger Nahrung und sauberes Wasser, weniger natĂŒrliche Schönheit, weniger nĂŒtzliche Arten. Es ist kein Verlust von Zeit, es ist ein Verlust von QualitĂ€ts-Zeit, QualitĂ€ts-Ressourcen und QualitĂ€ts-Leben.

Deutlich gesagt: Wir können unser Dilemma nicht mehr dadurch beheben, dass wir mehr Plastik recyceln, weniger Fleisch essen, weniger Weihnachtsgeschenke kaufen, alte Infrastrukturen wieder aufbauen, Tabak und fossile Brennstoffe besteuern, anspruchsvollere Raumsonden starten oder die Großen Technologiekonzerne, die Großen Pharmakonzerne, die Großen Banken und die Großen Regierungen bestrafen.
Wie mein Lehrer oft sagte, ĂŒbe so, als ob dein Haus brennen wĂŒrde, denn das tut es.

Wie wir also dorthin gelangen, bestimmt, wo wir ankommen. Die Erde ist geduldig. Die Menschen? Nicht so sehr.

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