Rückläufiger Merkur – das erinnert mich an Staus, Verspätungen und defekte Technik. Es muss sich bis zu dem alten Gott herumgesprochen habe, dass alle guten Dinge drei sind. Jedes Jahr aufs Neue beschenkt er uns mit einer retrograden Triade. Was bleibt uns also anderes übrig, als das Beste daraus zu machen?
rückläufiger Merkur:
ab 27. September 2021
wieder direktläufig:
ab 18. Oktober 2021
Wer oder was ist Merkur?
Dreimal im Jahr ist Merkur also rückläufig, wer aber ist Merkur – woher hat dieser erste Planet im Sonnensystem seinen Namen?
Als Merkur vor etwa 4,5 Milliarden Jahren geboren wurde, entschied er sich für einen Platz in der ersten Reihe. Kein anderer Planet ist der Sonne so nah wie der Kleinste von allen. In 88 Tagen flitzt Merkur um die Sonne, das ist recht schnell. Langsam erscheint indessen Tag und Nacht, es vergehen 176 Tage von einem Sonnenaufgang auf Merkur bis zum nächsten. Das sind 2 Merkur-Jahre! Zudem ist es am Tag unvorstellbar heiß und in der Nacht wirklich bitterkalt. Nur die Venus ist heißer, natürlich.
Merkur badet ständig in Sonnenlicht und so verwundert es nicht, dass er als Botschafter der Sonne angesehen wird. Er wird maßgeblich von ihren Schwingungen beeinflusst und gibt diese wiederum an uns Erdwesen ab. Sein Element ist die Luft. Seine Energien sind ständig in Bewegung. Er ist außerdem der schnellste Planet auf seiner Umlaufbahn. Sein Wesen ist klar und wach. Er wirkt auf der Ebene des Intellekts. Kein Wunder, dass er der Kommunikation zugeordnet ist.
Merkurs Wesen ist wandelbar, in der Alchemie steht er aus diesem Grunde in enger Verbindung zu Quecksilber, dass dort „mercury„ genannt wird.
Merkur zieht recht einsam seine Bahnen, nicht einmal Monde begleiten ihn. Vielleicht ist er deswegen so rastlos. Erstaunlich ist die Ähnlichkeit seiner Oberfläche mit der des Mondes, wenn man nicht allzu genau hinschaut.
Seine mythologischen Wurzeln
Merkur ist der lateinische Name des Gottes Hermes und dieser wiederum hat eine direkte Verbindung zu Thot. Das antike Ägypten sah jedoch keine Verbindung zwischen Thot und dem Planeten, dazu kam es erst später. Thot war der Gott der Weisheit, des Mondes und außerdem der Stellvertreter des Sonnengottes Re.
Thot war jedoch nicht nur weise, sondern auch listig. Als einst die Himmelsgöttin Nut in Schwierigkeiten geriet (und das ist wirklich milde ausgedrückt), eilte Thot ihr zur Hilfe. Nut trug fünf ungeborene Kinder unter ihrem Herzen. Da nur zwei der Kinder vom Sonnengott gezeugt waren, verfluchte dieser die Göttin in seinem Zorn. „An keinem Monat, im keinem Jahr dürfe die Himmelsgöttin gebären.“ Thot suchte die Mondgöttin Selene auf und spielte mit dieser ein Brettspiel. Gottheiten lieben das Wetten und so ward beschlossen, dass Thot den 70. Teil eines Tages bekam, wenn er gewann – und das tat er!
Rechnen wir diesen Anteil auf ein gesamtes Jahr, so erhalten wir ganze 5 Tage. Die göttlichen Fünflinge der Nut konnten das Licht der Welt erblicken: Isis, Osiris, Nephthys, Seth und Horus (der Ältere). Diese fünf Tage, so heißt es, vervollständigten die damalige Anzahl an Tagen eines Jahres – und so waren es seither nicht mehr 360, sondern 365 Sonnentage im Jahr.
So ganz uneigennützig war Thots Verhalten nicht, denn eines der Kinder, die Göttin Isis entsprang seinem Samen. Dieser Göttin stand Thoth in späteren Jahren stets beratend zur Seite.
Um den Rahmen nicht zu sprengen, versuche ich einen großen Bogen zu spannen. Thoth setzte also stets seinen Verstand ein, ebenso wie Hermes. Der Mittwoch ist der „dies mercurii“ – der Tag des Merkurs. In unserem Raum ward der Mittwoch Wodanstag genannt, wobei Wodan kein geringerer als der große Gott Odin selbst ist, der mindestens ebenso listig seine Kreise zieht.
Der Listigste aber, so scheint es, ist der Gott Hermes, der auch der Gott der Diebe war und flunkerte, was das Zeug hielt. Da Hermes so vorwitzig war, machte Zeus ihn erst zum Beschützer aller Reisenden und später zum Boten zwischen den Welten. Zeitgleich erhielt er Hermes den Heroldsstab mit seinen weißen Bändern. Einige interpretierten diese Bänder fälschlicherweise als Schlangen und so erhielt Hermes den Caduceus, den bekannten Hermesstab mit seinen zwei sich hoch windenden Schlangen.
Außerdem trug Hermes fortan einen mit Flügeln versehenen Hut und ebenso geflügelte, goldene Sandalen, die ihn schnell wie der Wind durch alle Welten tragen. So leitete er beispielsweise auch die sterbenden Seelen zum Hades, zur Unterwelt.
Trotz aller Aufgaben behielt Hermes stets sein gewitztes Wesen bei. Er versprach Zeus, als Bote nicht mehr zu lügen, aber er versprach nie, immer die Wahrheit zu sagen.
Hermes war zudem Schutzpatron des Weissagens, der Literatur und der Künste. Als die Schicksalsgöttinnen das Alphabet erschufen, stand er helfend zur Seite. Er soll die Tonleiter erfunden haben und eng mit der Astronomie verbunden sein.
Aus eben jenem Hermes zauberten die Römer den Merkur, den Stab-tragenden Gott, der auf Flügeln durch die Welten eilt.
Rückläufiger Merkur – Stolpersteine und Chancen
Die Energien des Merkurs lassen sich gut fassen, wenn die Mythologie des Gottes bekannt ist. Er verbindet Welten miteinander und das meistert er – wortgewandt und listig – über die Kommunikation. Mit ihr bringen wir zum Ausdruck, wie wir diese Welt erleben. In der Rückläufigkeit tauchen dabei Themen auf, die irgendwie von gestern scheinen.
… und täglich grüßt das Murmeltier
Ein rückläufiger Merkur bringt gerne alte Themen auf den Tisch und zwar immer wieder. Wischen wir sie beiseite, so liegen sie kurz darauf wieder vor unserer Nase. Diese Themen wollen zu Ende gedacht werden. Das strengt an und nervt vielleicht auch ein wenig, aber es schafft auch Klarheit.
Mit der Rückläufigkeit können wir die alten Geschichten noch einmal unter die Lupe legen. Es ist wichtig, dass wir uns dafür ein wenig aus der Außenwelt zurücknehmen und in die Innenschau gehen. Sagen wir doch einfach einmal: Danke Merkur, dass ich mir die Zeit nehmen darf, um mich auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Achtung Missverständnisse!
Sind wir mutig, so können wir wie gewohnt auf Gedeih und Verderb diskutieren. Ist dies bereits im Rest des Jahres keine gute Idee, so ist es jetzt gelinde gesagt ein Todesstoß. Kann ein rückläufiger Merkur so eine Sache richtig gut, dann ist es jegliche Kommunikation an die Wand fahren. Wir hangeln uns von Missverständnis zu Missverständnis.
Es ist wie verhext, so sehr wir auch auf unsere Worte achten, es scheint alles verdreht. Es ist wirklich keine gute Zeit für Diskussionen. Und weil alles so richtig schön in Schieflage hängt, ist es gut möglich, dass wir anderen Menschen gegenüber immer misstrauischer werden. Mit unserer eigenen Kommunikation ist ja schließlich alles in Ordnung, nicht wahr?
Also aufgepasst – lieber dreimal öfter tief durchatmen, ehe die Zunge sich beim Reden überschlägt und Worte heraus katapultiert, die wir später bereuen. Der rückläufige Merkur mahnt zum achtsamen Umgang mit den eigenen Worten, der Zauber einer Ich-Botschaft ist mehr denn je gefragt. Lies gerne noch einmal nach, wenn du mit dieser Methode nicht so ganz vertraut bist.
Die 3 verflixten V’s – Verträge, Verspätungen und die verdammte Technik
In der retrograden Zeit des Merkurs landen häufig alte Verträge und Vereinbarungen auf dem Tisch. Das ist okay! Nimm dir die Zeit, alles in Ruhe noch einmal durchzusehen. Gründlich! Wirklich gründlich. Hast du alles auf Herz und Nieren geprüft, dann kann der Vertrag abgeschlossen werden.
Neue Verträge sollten in dieser Zeit nicht unbedingt aufgesetzt werden, es sei denn, es lässt sich nicht vermeiden. Auch dann gilt: Alle Fakten absolut gründlich prüfen! Ansonsten Finger weg von neuen Vereinbarungen.
Was wirklich auffallend ist, sind die stetigen Verspätungen. Bei wichtigen Terminen immer ausreichend Zeit einplanen, damit wirklich nichts schiefgehen kann. Vor allem Bus und Bahn tanzen – mehr denn je – aus der Reihe. Ich quittiere dies inzwischen einfach nur noch mit einem amüsiertem Lächeln. Steht eine Bahnfahrt an, so habe besser eine sinnvolle Beschäftigung im Reisegepäck.
Zu guter Letzt greift die gestörte Kommunikation auch gerne auf unsere Technik über: Funkverbindungen fallen aus, Handys frieren plötzlich ein, der Rechner stürzt ab – alles schon mehrfach erlebt. Ruhig bleiben, durchatmen. Das hilft! … und vielleicht jetzt nicht unbedingt das neueste Handy kaufen.
Komm gut durch, alles wird gut!