Langemann Medien: Nobody ist der Größte

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Guten Abend, liebe Leserin,
guten Abend, lieber Leser. Immer wenn ich im Barbierstuhl liege, habe ich diese Szene aus „My Name Is Nobody“ im Kopf. Sie wissen schon, Revolvermann Jack Beauregard schiebt dem Barbier, der gerade rund um seine Gurgel rasiert, den Revolverlauf ans Gemächt. Zeitlupenlangsam. Nur damit dieser obenrum nicht auf dumme Ideen kommt. Männer zucken bei dieser Szene.
Frauen weniger.

Als ich am Samstag ohne Colt zum Einseifen im Stuhl lag, fragte mich mein 34-jähriger irakischer Barbier vorsichtig, was ich von den Medien in Deutschland halte. Ich musste sofort an den Wilden Westen denken. Mit Desperados, zwielichtigen Typen, die in Revolverblatt-Manier mit reißerischen Schlagzeilen um sich schießen. Immer bereit, sich jedem Herrn zu verkaufen, der ihnen eine Handvoll Dollars mehr verspricht.

Über dem Zeitungswesen, dem Lokalfunk und ein paar TV Sendern pfeifen schon lange die Google-Geier das Lied vom Tod. Selbst der einfältigste deutsche Pinsel müsste verstanden haben, dass nur noch die Erzählung vom Viren-Tod-und-Terror-Teufel das dreckige Dutzend zwischen FAZ und taz vor dem Strick bewahrt. Und wenn dann Billy the Kid ein paar Millionen in die Kassen wirft, schreiben die Söldner auch mal, was für ihn halt Sinn macht.

Geantwortet habe ich meinem Bartpfleger aber dann doch: „Nun, es ist sehr komplex, die Frage zu beantworten, aber am Ende ist die Diagnose erschütternd.“

Seine Eltern seien einst aus dem Irak hierhergekommen. In Dresden habe er einen eigenen Barbershop betrieben, nun sei er in München. Er sprach davon, wie erschütternd es sei, dass seine deutschen Landsleute durch die Medien so verdummt seien.

Er selbst sei Christ, und seine Familie lebte friedlich mit Moslems Tür an Tür. Über Generationen und Glaubensfragen hinweg hätte man sich immer verstanden. Gemeinsam gelacht, gefeiert, gelebt, geliebt. Bis die Amerikaner einen perfiden Religionskrieg im Nahen Osten inszeniert hätten, seine Heimat zu einem Schlachtfeld machten. Nun machen sie Gleiches in Europa, sie zündeln. Die USA haben Angst vor einer starken Russland-Deutschland-Achse.

Darüber zu sprechen oder vernünftig zu diskutieren, eben Meinungen respektvoll auf Augenhöhe auszutauschen, sei schwierig hier im Land. Immer heiße es wie aus der Pistole geschossen, man sei mindestens rechts; oder Verschwörungstheoretiker.

Die Deutschen seien so dumm, so sagte er wohl. Wir waren uns dahin gehend einig – und ich zudem paralysiert. Ich dachte unterm Schaum noch nach über das Wilhelminische in der Volksseele und wie mein freundlicher Barbier mit irakischen Wurzeln mehr über die geopolitischen Zusammenhänge recherchiert und auch selbst erdacht hatte als jeder deutsche CEO-Homunkulus. So was kann paralysieren.

Das Totengräbertum der großen Horde „der Medien“ hat er verstanden. Er wusste, sie erledigten schon mit „Tutti Frutti“ die Würde und erschossen mit Bohlen, Barth und IBES den Anstand, brandschatzten mit HeuteMaischbergerIllnerWillTagesschau den letzten Intellekt.

Er wusste so viel mehr als die selbstgerechten, alltagsfrustrierten pinkfarben gekleideten Vorstadt-SUV-Lacoste-Muttis, die frisch geduscht und zweifach maskiert in der Sonntags-Schlange auf die warmen Croissants bei Christoph warten.
Genau dort, wo Sonnenbrillen Haare halten und französischer Weichkäse das Hirn ersetzt.
Genau dort reicht es gerade noch für die 20. Wiederholung von „Sex and the City“ und den morgendlichen Gruppen-Yoga-Sonnengruß im Zoom-Meeting. Auch beim Doppelhaushälften-Django zu Hause ist schnell Blackout im Umspannwerk unterm Pony. Bücher sind bei Familie Sonnenschein nur noch Dekoware. Die Lesekompetenz reicht gerade für das Display der Apple Watch oder, wenn es komplex wird, fürs Dashboard im Q8. Gute Nacht!

Mit ihrer dummen Betroffenheitspornografie fahren sie ihre Kinder zum FFF-Klima-echauffieren oder malen mit ihnen gemeinsam „Stoppt Putin!“-Pappschilder. Ertrunken im Konsum. Und intellektuell epiliert. Schön slick und hohlraumversiegelt, da stört kein aufrechtstehender eigener Gedanke in der Echokammer zwischen den Löffeln.

Weiterlesen im Originalbeitrag:

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