Der Robert hat da was Interessantes zur CO2-Problematik

Der Beitrag in voller LĂ€nge. (Screenshot: CORRECTIV)

correctiv korrigiert …

Ein Text zieht falsche Schlussfolgerungen aus von Menschen produzierter CO2-Menge

In einem Text, der zum wiederholten Mal ĂŒber soziale Medien verbreitet wird, geht es um den CO2-Anteil in der Luft. Die Schlussfolgerungen und Zahlen sind falsch.

von Nina Breher 08. Juli 2019

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Autos im Stau. (Foto: Alexander Popov / Unsplash)

GrĂ¶ĂŸtenteils falsch
Über diese Bewertung

GrĂ¶ĂŸtenteils falsch. Die Zahlen stimmen ungefĂ€hr, die Schlussfolgerungen, die aus ihnen gezogen werden, sind jedoch falsch.

Ein Text, der derzeit wieder in den sozialen Medien geteilt wird, erzĂ€hlt eine angebliche Begegnung. Demnach traf ein Passant auf den Betreuer eines Klimaschutz-Standes. Er habe den KlimaschĂŒtzer damit konfrontiert, dass „nur 0,038 Prozent CO2 in unserer Atemluft“ enthalten seien. Dies habe den KlimaschĂŒtzer aus dem Konzept gebracht: „Das glaubte er mir einfach nicht und ließ mich stehen.“

Der Text schließt mit einer Rechnung, die belegen soll, dass der Einfluss des Menschen auf den CO2-Gehalt in der Luft irrelevant sei. Von den 0,038 Prozent CO2 in der Luft produziere „die Natur selbst etwa 96 Prozent. Den Rest, also 4 Prozent, der Mensch“. Der Text ist mit einem Bild der Klimaaktivistin Greta Thunberg versehen.

Die Anekdote ist unbelegt und spÀtestens seit 2010 in verschiedenen Versionen im Umlauf

Als Quelle wird im geteilten Text „Robert Imberger“ angegeben, der „Reaktorphysik und Thermohydraulik an der TU Aachen“ studiert und diese Anekdote aufgeschrieben habe. Die TU Aachen gibt es nicht, an der RWTH Aachen gab es zu keiner Zeit ein Thermohydraulik- oder ein Reaktorphysik-Studium. Dies ergab eine Anfrage von CORRECTIV an die UniversitĂ€t. „Es kann höchstens sein, dass einzelne Vorlesungen zu dem Thema angeboten wurden“, teilt Filis Falldorf vom Archiv der RWTH Aachen CORRECTIV telefonisch mit.

Zudem war der Text bereits mit anderen Quellenangaben im Umlauf: Im Dezember 2018 geben geteilte Versionen an, Imberger habe an der FH Ulm studiert (hier ein Beispiel) – auch hier existierten seine angeblichen StudienfĂ€cher nicht, wie der Faktencheck-Verein Mimikama recherchierte.

In einer noch Ă€lteren Version aus dem Winter 2015 trug sich die Szene angeblich auf einem Weihnachtsmarkt zu. In einer weiteren Fassung, die bereits seit 2010 auf der Internetseite des Klimawandel-skeptischen Vereins EIKE zu finden ist, ist der Klimaaktivist weiblich und Robert Imberger ist „Dr. Ing. Urban Cleve aus Dortmund“.

Die Zahlen belegen nicht, dass der Mensch den Klimawandel nicht verursacht hat

CO2 macht tatsĂ€chlich nur einen kleinen Teil der Luft aus, der Anteil ist aber laut dem Intergovernmental Panel for Climate Change (IPCC) in den letzten Jahren so hoch wie seit mindestens 800.000 Jahren nicht mehr (PDF, S. 467). „2013 hat der CO2-Anteil in der AtmosphĂ€re erstmals in der aufgezeichneten Geschichte 400 ppm ĂŒberschritten“, so die NASA. „Ppm“ steht fĂŒr „parts per million“, 1 ppm ist ein Millionstel. FĂŒr Mai 2019 hat die US-Regierungsinstitution Earth System Research Laboratory 414,66 ppm CO2-Anteil in der AtmosphĂ€re gemessen. Zum Vergleich: 1855 betrug der Anteil von CO2 288 ppm.

Der CO2-Anteil in der AtmosphĂ€re in den letzten 800.000 Jahren. Der CO2-Anteil wird in „parts per million„ (ppm) gemessen, 100 ppm sind 0,01 Prozent (Quelle: NASA)

414 ppm entsprechen 0,0414 Prozent Anteil in der Luft. Die im Text genannte Prozentzahl von „0,038 Prozent CO2 in der Luft“ stimmt also in etwa. Dass der Anteil gering ist, heißt aber nicht, dass ein Anstieg dieses Anteils keine Wirkung haben kann.

Natur nimmt das CO2, das sie emittiert, wieder auf – Emissionen des Menschen verbleiben hingegen teilweise in der AtmosphĂ€re

Der stark vereinfachte Kohlenstoffzyklus: Die Erde nimmt das CO2, das sie emittiert, wieder auf. Der Mensch verursacht zusÀtzliches CO2, das nicht vollstÀndig wieder aufgenommen werden kann. (Quelle: IPCC)

Dass die Natur wesentlich mehr CO2 emittiert als der Mensch, stimmt. „Etwa 97 Prozent der jĂ€hrlichen globalen CO2-Emissionen sind natĂŒrlichen Ursprungs und damit Bestandteil des globalen natĂŒrlichen Kohlenstoffkreislaufs (IPCC, 2013; USGCRP, 2018)“, teilt Eric Fee vom Umweltbundesamt CORRECTIV schriftlich mit.

Der Mensch hat 2017 rund 41 Milliarden Tonnen CO2 produziert, wie Wissenschaftler aus dem Umfeld des Global Carbon Projects errechneten. Das Global Carbon Project ist eine Institution, der Wissenschaftler renommierter UniversitĂ€ten vorsitzen. Sowohl das Umweltbundesamt als auch das Potsdam-Institut fĂŒr Klimafolgenforschung (PIK) bestĂ€tigen diese Zahl per E-Mail.

Von Menschen produziertes CO2 verbleibt in der AtmosphÀre, das ist laut IPCC die Ursache des Klimawandels

WĂ€hrend die Natur jedoch wieder aufnimmt, was sie emittiert, verbleibt ein Teil der menschlichen Emissionen in der AtmosphĂ€re, so Fee vom Umweltbundesamt: „Der Mensch bringt eine Nettoerhöhung des CO2.“ Laut dem PIK absorbieren BiosphĂ€re und Ozeane einen Teil dieser Emissionen, der Rest – „im Mittel 44 Prozent fĂŒr 2008 bis 2017“ – wĂŒrden jedoch in der AtmosphĂ€re verbleiben.

Diese Erhöhung der CO2-Konzentration in der AtmosphĂ€re durch menschliche CO2-Emissionen sei laut dem Potsdam-Institut fĂŒr Klimafolgenforschung problematisch, weil CO2 ein Treibhausgas ist, „das die vom warmen Erdboden ausgesandte WĂ€rmestrahlung (Infrarotstrahlung) absorbiert und dadurch die AtmosphĂ€re erwĂ€rmt. CO2 ist deswegen so wirksam, weil es genau bei den WellenlĂ€ngen absorbiert, bei denen die warme ErdoberflĂ€che am meisten Strahlung aussendet.“ Eine Erhöhung der CO2-Konzentration gehe daher immer mit einer globalen ErwĂ€rmung einher, erlĂ€utert das PIK.

Die so zustande kommende Ansammlung von CO2 in der AtmosphĂ€re verursacht die globale ErwĂ€rmung: „Mit großer Sicherheit sind der Anstieg der CO2-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe und die durch LandnutzungsĂ€nderungen verursachten CO2-Emissionen die Hauptursache fĂŒr den beobachteten Anstieg der atmosphĂ€rischen CO2-Konzentration“, so der IPCC (PDF, S. 467).

Anmerkung, 9. Juli 2019: Wir haben zwei Stellen im Text geĂ€ndert, um richtig zu stellen, dass ppm fĂŒr „parts per million“ steht.

Originalbeitrag: https://correctiv.org/faktencheck/2019/07/08/ein-text-zieht-falsche-schlussfolgerungen-aus-von-menschen-produzierter-co2-menge/

EinfĂŒgung eigene Bilder: