Liebe Frauen und liebe Männer, die helle Hälfte des Jahres ist ins Land gezogen und auch wenn in den letzten Tagen die Holle nochmals einen kräftigen Schneegruß geschickt hat, so leuchten doch bereits die zarten Frühlingsblätter hervor. Aus dieser „Auferstehung“ der Natur, aus den ausgelassenen Frühlingsfesten, bei denen die Menschen des Alten Volkes die Wiederkehr des neuen Lebens aus dem Schoß der Erde feierten, machten die Kirchenmänner das, auch in diesem Jahr zelebrierte, Osterfest. Es gilt als das „höchste und wichtigste Fest“ der Christen, da die Auferstehung Jesu den Glauben an ein Leben nach dem Tod begründen soll. Im matriarchal-schamanischen Weltbild Alteuropas war es der Heros der Göttin, welcher zu Frühlingsbeginn, nach seiner herbstlich-winterlichen Andersweltreise, wieder „auferstand“. Der Heros verkörpert im matriarchalen Weltbild die wiederkehrende Natur. Deren Rückkehr auf die Erde ist entscheidend, damit wir Menschen zu essen haben und unser Leben weitergehen kann. „Kar“ ist eine alte Mutterwurzelsilbe, sie steht für „Stein, schwarz und dunkel“. Aus genau diesem „dunklen Erdenschoss“ feiert das junge Leben, auch in der vergangenen Karwoche, im Frühling seine „Auferstehung“. Der Gründonnerstag mit seiner Grünkraft kündet noch von der ursprünglichen Bedeutung dieser „Heiligen Woche“. In der christlichen Umdeutung des Karfreitags zeigt sich uns jedoch ein Paradebeispiel dafür, wie die Kirchenmänner die ursprüngliche Bedeutung der alten, zyklischen Feste ins genaue Gegenteil verdreht haben. Anstatt die jährlich neu auferstehende, phallische Grünkraft zu feiern, gedenken die Christen an diesem Tag dem Foltertod am Kreuz. Jahr für Jahr wird dieser gewaltsame Tod, der sich vor 2000 Jahren zugetragen haben soll, neu in Szene gesetzt. In den Kirchen, auf den Schlachtfeldern und Kriegsschauplätzen dieser patriarchalen Welt. Es liegt an uns, an jeder und jedem einzelnen, welchen Geschichten, welcher Geschichte wir unseren Glauben, unsere Aufmerksamkeit, unser Interesse schenken. Ob wir uns den Geschichten von einem guten und friedlichen Leben für Alle, wie sie uns matriarchale Kulturen erzählen, zuwenden. Oder ob wir weiterhin dem Glauben schenken, was uns der patriarchal-christliche Machtapparat weiszumachen versucht, um damit seinen Machtanspruch über uns, über unser Leben, über das unserer Kinder und Enkelkinder zu rechtfertigen. Um sich damit weiterhin „die Erde untertan“ machen zu können, um daraus Kapital und Gewinn schlagen zu können. Damit diese Entwicklung möglich wurde, stand am Beginn des Kapitalismus der patriarchal-christliche Feldzug gegen das „magische“ Weltbild, landläufig als „Hexenverfolgung“ bezeichnet. Von den Kirchenmännern wurde bestimmt, was der „richtige Glaube“ wäre und was fortan unter „Aberglaube“ fiel. Die Vertreterinnen und Vertreter des alten magischen Weltbildes wurden als „Hexen und Zauberer“ diffamiert und verfolgt. Sie waren schuld an Unwettern und Seuchen, kranken Kühen im Stall, totgeborenen Kindern, für die Missernten auf den Feldern. Aktuell er- und durchleben wir die Zerfalls- und Auflösungsphase des Kapitalismus in seiner neoliberalen Gestalt. Wieder werden Schuldige gesucht. Für das im Kapitalismus kaputt gesparte Gesundheitssystem, für die zusammenbrechende Wachstums-Wirtschaft, für die eigene Angst vor dem Tod… So wie jedes Erdenjahr die Sterbephase des Herbstes und die Ruhe- und Transformationsphase des Winters durchlaufen muss, damit die Welt nun im Frühling neu auferstehen kann, so sind wir als Gesellschaft in eine intensive Herbstphase eingetreten. Lange Zeit dachten wir, uns dieser verweigern, entziehen, ihr entgehen zu können. Das nochmalige Aufbäumen der patriarchalen Macht-Haber führt uns anschaulich vor Augen, wofür das Patriarchat, seit Anbeginn an, steht: für Gewalt und Krieg! Doch die alte Göttin kehrt zurück. Schritt für Schritt setzt sie ihren Fuß hinein in die patriarchalen Felder, löst darin Chaos, ungläubiges Staunen und heftige Gegenwehr aus. Schicht für Schicht holt sie die „Leichen aus den patriarchalen Kellern“ ans Tageslicht und die alten Ängste und Traumen aus den Seelen der Menschen. Es liegt in unseren Händen, darin das Potential zur Heilung und Verwandlung mehr und mehr wahrzunehmen, zu erkennen und damit dem Frieden in uns selbst mehr und mehr Raum zu geben, damit dieser hinausstrahlen möge in die Welt, um dort den Wandel zu erleichtern und zu unterstützen. |