Kannst du es erlauben, dass DIR gedient wird? Anja Reiche

Eine scheinbar harmlose Situation „am Morgen“ 😉. Ich bringe Frühstück ins Wohnzimmer. Christian liegt auf der Couch. Ich setze mich auf ein Bodenkissen. Wir reden, tauschen uns aus, albern herum. Ich stehe auf, hole ihm einen zweiten Kaffee. Setze mich wieder. Er fragt, ob ich Zucker reingetan habe. DAS vergesse ich regelmäßig. Ich stehe wieder auf, hole Zucker und einen Löffel. Setze mich wieder hin.

Ich tue es so gerne. Genieße es, ihn zu verwöhnen. Ich schaue ihn an, stelle fest, dass er das so nicht kennt. Er wurde nie wirklich verwöhnt, bedient, umsorgt. Ich frage ihn, ob das stimmt. Die Antwort kommt prompt. Wenn, dann hat er das gemacht, andere bedient.

Ich hab Mitgefühl, sage ihm, dass ich ihm so gerne diene, dass das Leben ihm dient, Gott ihm dient. Dass auch der Mann empfangen darf und sogar irgendwie muss. Uns darf das Leben zufließen und das kann es nur, wenn wir es zulassen, geschehen lassen, offen sind, eben wenn wir empfangen können.

Diese Aussagen erzeugen die totale Irritation in Christians System. Diese Gedanken hatte er noch nie. Da war noch nie die Idee, dass ihm gedient werden könnte. Er dient, ja. Er ist Diener. Gottes Diener. Das ist ihm klar. Aber dass er bedient wird? Dass ihm gedient wird? Sogar von Gott? Dass Gott IHM dient? Unfassbar in diesem Moment.

Ich rede weiter. Was, wenn dieses „ich bin Diener“ nur dazu da ist, um Gefühle zu vermeiden. Was, wenn ich aufhöre zu dienen, und dann bemerke, dass mir keiner dient? Was, wenn ich diesen Schmerz nicht fühlen will? Wenn ich es gar nicht erst dazu kommen lassen will, zu bemerken, dass sich niemand um mich schert? Was, wenn dieses „ich bin Diener“ eine Überlebensstrategie aus der Kindheit ist, um den Schmerz der Einsamkeit nicht fühlen zu müssen? Den Schmerz der Unwichtigkeit? Der Gleichgültigkeit?

Bin ich jemandem so wichtig gewesen, dass er mir dient? Mich umsorgt und versorgt? War da jemand mal nur für mich da? Hat da mal jemand gesagt: „Ruh dich aus. Ich mach das schon“? Oder: „Sei du ganz Kind, ich bin für DICH da“?

Christian meinte, dass es gerade eine unglaubliche Herausforderung ist, den Gedanken zuzulassen, dass ihm jemand/etwas/Gott dienen könnte. Vermutlich geht es vielen so. Deswegen dieser Text. Deswegen diese Schilderung. Deswegen diese Anregung.

Meine Wahrheit ist, dass Gott mir dient. So gerne. Er tut alles dafür, dass ich sein Kind, seine Schöpfung, mich komplett entfalte, dass ich erblühe, dass ich erstrahle. Zu seiner Freude. Zu meiner Freude. Ich diene, ja. Und mir wird gedient. Aber sowas von. Ich liebe es. Ich liebe DAS. Ich liebe dieses unfuckingfassbare, wunderbare Leben in dieser Symbiose. 😊🎈🎉

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