Von Marina Weishaupt
Veröffentlicht am 8. Sept. 2023, 15:11 MESZ
Je nach Bundesland sind in Deutschland zwischen 515 und etwa 1.120 Pflanzenarten gefährdet oder rückläufig. Laut dem Rote-Liste-Zentrum, das im Namen des Bundesamts für Naturschutz die bundesweiten Roten Listen gefährdeter Arten koordiniert, sind das insgesamt mehr als ein Viertel der heimischen Farn- und Blütenpflanzen.
Forschende um Ingmar Staude von der Arbeitsgruppe Spezielle Botanik und funktionelle Biodiversität der Universität Leipzig haben nun untersucht, wie Privatpersonen dagegen angehen können: mit dem sogenannten Conservation Gardening. Dabei erhalten neben beliebten Zierpflanzen auch heimische, nützliche und vor allem gefährdete Arten im eigenen Garten Einzug. Doch sind diese bedrohten Pflanzen überhaupt dafür geeignet? Und wie können Privatpersonen sie erwerben?
Aktiv gegen die Biodiversitätskrise – mithilfe einer App
Auf diese Fragen hat das Forschungsteam im Rahmen einer Studie Antworten gefunden. Eine neu entwickelte App soll den Artenschutz vor der eigenen Haustür und auf dem Balkon erleichtern. Den diese haben laut der Studie das Potenzial, als grüne und bunt blühende Korridore und Zufluchtsorte zu fungieren – und die Kurve des Verlusts der biologischen Vielfalt umzukehren.
Bildliche Zusammenfassung der Roten Listen der deutschen Bundesländer. Trauriger Vorreiter mit mehr als 1.000 bedrohter Pflanzenarten ist Bayern.
Foto von Pflanzenlisten für Conservation Gardening
Eine Meinungsumfrage des Bundesamts für Naturschutz aus dem Jahr 2021 zeigt: Zwar halten zwei Drittel der Deutschen den „Schutz der biologischen Vielfalt für eine vorrangige gesellschaftliche Aufgabe“, die Bereitschaft für aktiven Einsatz zur Erhaltung der Biodiversität hat allerdings abgenommen. Ein Großteil der Deutschen ist also offen für das aktive Mitwirken gegen die Biodiversitätskrise – vielen fehlt jedoch das nötige Know-how.
„Es bedarf neuer Ansätze, die Mensch und Biodiversität nicht mehr als voneinander getrennte Aspekte betrachten“, sagt Staude. Um also nicht nur dem Rückgang der heimischen Arten entgegenzuwirken, sondern zudem die Motivation der Bevölkerung wieder zu steigern, müsste das Wissen über heimische Pflanzen möglichst leicht und unkompliziert zur Verfügung stehen.
Hier setzt die neu entwickelte Web-App Pflanzenlisten für Conservation Gardening an, die anhand der Studienergebnisse entwickelt wurde. Sie vereint Wissen über rückläufige oder regional ausgestorbene Pflanzen und deren kommerzielle Verfügbarkeit für Privatkund*innen. Je nach Bundesland stehen auf den Listen gefährdete Pflanzen, deren Anschaffung lobenswert wäre. „Wir haben herausgefunden, dass zum Beispiel in Hamburg rund die Hälfte der bedrohten Arten, nämlich 352, für das Gärtnern geeignet sind, in Bayern rund ein Drittel, also 321 Arten“, sagt Staude.
Weiterlesen im Originalbeitrag (Wort & Beitragsbild): https://www.nationalgeographic.de/umwelt/2023/09/artenschutz-im-eigenen-garten-so-kann-man-bedrohte-pflanzen-retten?utm_source=pocket-newtab-de-de
Hier die passende App dazu:
Pflanzenlisten für Conservation Gardening
Dies ist eine Shiny App, die Conservation Gardening Pflanzenlisten für jedes Bundesland bereitstellt. Anhand der Roten Listen der einzelnen Bundesländer identifizieren wir rückläufige und gefährdete Arten. Wir integrieren diese Informationen mit Daten aus NaturaDB, einer Gartenpflanzen-Datenbank, um Pflanzen auszuwählen, die für den Garten geeignet sind und ihre Standortanforderungen aufzulisten. Wir vergleichen die resultierenden Artenlisten mit den Sortimenten von mehreren Wildpflanzenproduzenten in Deutschland und stellen Informationen zur kommerziellen Verfügbarkeit dieser Arten bereit. Für mehr Informationen siehe: Munschek, M., Witt, R., Kaltofen, K. et al. Putting conservation gardening into practice. Sci Rep 13, 12671 (2023).