Um die Bewusstheit, dass es diese Verantwortung überhaupt gibt. Anja Reiche

Gestern habe ich über „gute“ Beziehungen geschrieben, darüber, dass in einer wahrhaften Beziehung jeder das Seine nehmen darf.

Heute kam die Frage: Dabei geht es um Verantwortung, oder?

Meine erste Reaktion war: Ja, voll!

Und dann hat mich eine Erkenntnis getroffen, die gerade ordentlich in mir rüttelt.

Tatsächlich geht es um den Schritt davor: Um die Bewusstheit, dass es diese Verantwortung überhaupt gibt. Ohne diese Bewusstheit brauche ich über die Verantwortung für die eigenen Gefühle nicht sprechen. Mir fiel direkt mein Podcast ein, den ich mal zu Bewusstseinsentwicklungsstufen gemacht habe. (Den teil ich hier drunter nochmal. Möge er sich verbreiten.)

Das war wieder so ein Moment, in dem ich mir innerlich mit der Hand auf die Stirn klatsche. Eigentlich ist diese Erkenntnis banal. Es geht immer um das Bewusstsein für etwas. Bewusstsein kann nicht erzeugt, erzwungen oder herbeierklärt werden. Entweder ist das Bewusstsein bei mir, beim Gegenüber für etwas da, oder eben nicht.

Wenn ich etwas lang und breit erklären muss, ist das Bewusstsein, das Verständnis, das (Er)fassungsvermögen nicht da. Und wer das Bewusstsein für etwas hat, dem muss ich nichts erklären.

Und dann ist es wieder ganz einfach dieses Leben. Ich wende mich denen zu, die in einem ähnlichen Bewusstsein da sind. Jetzt kann ich das. Als Kind ging das nicht. Mein Umfeld konnte ich nicht wählen.

Ich stelle immer wieder fest, dass ich mich schnell bedroht fühle, wenn ich merke, dass für das, was ich meine, kein Verständnis da ist. Die Bedrohung besteht darin, dass ein Teil in mir immer noch glaubt, darauf angewiesen zu sein, dass ich verstanden werde. Davon hing früher nun mal mein Leben ab. Es hatte ganz dumme Folgen, dass ich nicht verstanden wurde. Es hatte ganz dumme Folgen, dass mein Umfeld in einem anderen Bewusstsein da war als ich. Ich fühlte mich nicht erkannt, ausgebremst, behindert, eingeschränkt. Ich musste in diesem Umfeld bleiben, in dem mein wahres Wesen nicht erkannt und verstanden war. In dem das Grundverständnis von Beziehung und Miteinander ein ganz anderes war, als meins. Einem Umfeld, in dem es eben kein Bewusstsein dafür gab, dass es diese Verantwortung für die eigenen Gefühle überhaupt gibt. Zum Haareraufen diese Ohnmacht!!!!

Heute ist es grundsätzlich in Ordnung, wenn ich nicht verstanden werde. Die Bedrohung von damals gibt es faktisch nicht mehr. Und doch merke ich immer wieder diesen Anteil durchblitzen, der in Not kommt, wenn er sich an das Lebensgefühl früher erinnert fühlt. Den Anteil kann ich begleiten und vor allem mein allergrößtes Verständnis ausdrücken. So wohltuend. Wenn der Anteil gesehen bzw. versorgt ist, kann ich frei wählen, ob ich im Kontakt bleiben möchte, auch wenn ich nicht verstanden werde, oder ob ich einfach gehen möchte.

Das wollte ich gerade unbedingt mit euch teilen. 😊🥳🤩 Jetzt lass ich das noch wirken und freu mich.

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