
Nimm die Krankheit zur Kenntnis,
aber unterwerfe dich ihr nicht.
Ebo Rau
Liebe Leserinnen und Leser
Aktuell geht folgende Meldung der DAK-Gesundheit (Deutsche Angestellten-Krankenkasse) durch die Medien: «Depressionen haben im vergangenen Jahr 50 Prozent mehr Fehltage verursacht als 2023.» Darüber berichten unter anderem der WDR, der Spiegel und die ZEIT online.
Gemeinsam ist den verschiedenen Artikeln zum Thema, dass es hauptsächlich um das Problem der Fehlzeiten am (festen) Arbeitsplatz geht – nicht etwa um die Probleme, die das für die einzelnen Betroffenen auf persönlicher Ebene mit sich bringt. Außerdem wird kaum nach den Ursachen gefragt oder allenfalls nur sehr vage und oberflächlich.
DAK-Vorstandschef Andreas Storm gibt dementsprechend auch nur Phrasen von sich: «Wir dürfen die Augen nicht länger verschließen, denn psychische Gesundheit ist ein zentraler Erfolgsfaktor für eine resiliente Gesellschaft und einen starken Wirtschaftsstandort Deutschland.» Aha. Es geht also wieder einmal nur um «die Wirtschaft». Wobei ja gerade die seit geraumer Zeit erfolgreich an die Wand gefahren wird. Die Aussage ist also in mehrfacher Hinsicht bizarr und verdreht.
Eventuell verhält es sich nämlich genau umgekehrt: Weil der ehemals «starke Wirtschaftsstandort Deutschland» längst auf dem absteigenden Ast ist und die Gesellschaft insgesamt immer mehr an Widerstandskraft verliert, werden auch immer mehr Menschen individuell krank. Das allerdings würde ja bedeuten, dass «der Fisch vom Kopf her stinkt» und nicht etwa der Einzelne seine Misere selbst zu verantworten hätte, wie es die neoliberalen Apologeten gerne mantraartig wiederholen, gerade auch im alternativen Medienspektrum.
Insbesondere die letzten fünf Jahre und die Nachwirkungen der Zumutungen der C-Zeit werden mit keinem Wort in dem DAK-Bericht erwähnt. Das ganze Corona-Theater hat in dieser Sichtweise also einfach nicht stattgefunden. Bei einem solchen Grad an Verdrängung und Ignoranz wundert es dann auch nicht mehr, dass als «Lösung» ebenfalls nur Phrasendrescherei angeboten wird: Denn «die Strukturen und Prozesse im Unternehmen genau zu betrachten und die Mitarbeitenden an Veränderungsprozessen zu beteiligen», wird angesichts des Irrsinns und der Repression, welche viele Menschen tagtäglich an ihrem Arbeitsplatz und in der Gesellschaft erleben müssen, kaum helfen. Im Gegenteil.
Wenn sich das sogenannte «Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM)» darauf beschränkt, Mitarbeiter an unsinnigen Maßnahmen und immer neuen Zumutungen zu «beteiligen», anstatt grundlegend etwas in eine andere, menschlichere Richtung zu verändern, dann werden die Zahlen an Krankschreibungen aufgrund von Depressionen in Zukunft wohl eher noch zunehmen. Es stellt sich durchaus die Frage, ob genau das gewollt ist. An dieser Stelle verweise ich noch einmal auf meinen letzten Newsletter. Dass sich nicht nur «Depression» auf «Repression» reimt, sondern auch das Wort «Regression» zum Verwechseln ähnlich klingt, ist kein bloßes Wortspiel …
Weiterlesen im Originalbeitrag: https://transition-news.org/depression-durch-repression